Der folgende Text ist eine Satire. Er handelt von (Medien )Wirklichkeiten, enthält aber zahlreiche Unwahrheiten. Mit Christoph Hochhäuslers realer Person hat er so gut wie nichts zu tun.




Hoch- und Tiefluft

Christoph Hochhäusler dreht Heuschnupfen-Drama

Mai 2006

Grenzwertig

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Was seit unlängst als "Neue Deutsche Welle" des deutschen Kinos aus Feuilletons schwappt, droht nun endgültig als Sturmflut anzubranden. An der Seite von Benjamin Heisenberg hat sich Christoph Hochhäusler seit ein paar Jahren mit einer anspielungsreichen Postille als "Revolver"-Boy geoutet. Nun arbeitet Hochhäusler - mit 72 Jahren wahrlich kein Neuling im Metier - an seinem dritten Erstschlag nach "Milchwald" und "Falscher Bekenner" (unbedingt ansehen, es lohnt sich!).

"Pollenwarnung" heißt das Meisterwerk, das im nächsten April in deutsche - und möglichst auch andere - Kinos kommen soll. Der Name ist Programm: Hochhäusler will nicht nur spannend unterhalten, sondern auch informieren. "Pollen sind ein Problem unserer Zeit", so der rüstige Senior. "Ich selbst wuchs noch ohne diese Malessen auf, aber an meinen Enkeln sehe ich es. Heuschnupfen ist eine Plage, und es war Zeit, dass sich jemand dieses Themas annimmt, es auf angemessene Weise für das Kino visualisiert."

Stehen uns also niesende Pennäler und "Tempo"-, "Feeling"-, "Solo Talent"- oder "ja"-Taschentücher verschleißende Twens und Thirtysomethings, gar Quenty Forties oder schniefende Fuffziger ins Haus? Weit gefehlt. Hochhäusler ist ein Meister der Verpackung, und wenn wie hier Wolfgang Petersen ausführend produziert, gibt es neben dem guten Gewissen auch noch reichlich äußere Handlung. À propos Lunge: "Die an Heuschnupfen erkrankte 8jährige Jeannie soll das emotionale Zentrum unseres Films bilden", erklärt Hochhäusler bereitwillig. "Als sie bei einem Niesanfall auf dem Spielplatz bewusstlos wird, nimmt das Unheil seinen Lauf. Das Kind wird entführt und die Eltern werden erpresst." Erinnert das nicht doch ein wenig an die Konstellation von "Milchwald", dieser kongenialen Hänsel-und-Gretel-Assemblage? "Nein", versetzt Hochhäusler ganz entschieden und plötzlich gar nicht mehr so redselig. Viel lieber spricht er über die Besetzung von "Pollenwarnung", die mit etlichen Überraschungen aufwartet. Christiane Paul spielt aufgrund ihrer medizinischen Vorbildung eine HNO-Ärztin, die aus Torschlusspanik und Gründen der Alliteration einen Heilpraktiker heiratet (in seiner allerletzten Rolle: der eigens hierfür exhumierte Willy Birgel). Heimlich hat sie eine platonische Beziehung zu einem Adelheid-Knef-Poster, die Hochhäusler in einer enigmatischen Parallelerzählung herauspräparieren will. An der Grenze von Realität und Fiktion soll sie angesiedelt sein. Ulrich Tukur, der in "Pollenwarnung" die Hauptrolle als Kopf der Entführer spielen soll, teilte auf Anfrage mit, er wisse davon nichts. Er will in Zukunft lieber seinen Schauspielkollegen Sebastian Koch ersetzen.


Kinomagazin - Neue Deutsche Welle
D 2006. R: Sven von Reden

3sat
(Montage)

Noch was, Herr Hochhäusler? Na sischer. Den Part der Jeannie will er gleich selbst übernehmen. "Einmal wieder jung sein", scherzt er, doch auch ein bisschen Wehmut ist dabei. Nach langjährigem Studium an drei deutschen Filmhochschulen in den Meisterklassen von so angesehenen FilmkünstlerInnen wie Gerhard Schmidt, Jamie Swankberger und Evelyn Mäkisch war das Leben schon halb vorbei - und nicht einmal genug Geld da, um zu Haus die Wände zu tapezieren, wie Sven von Redens schonungslose Dokumentation "Neue Deutsche Welle" (3sat, 02.05.2006) zeigte (siehe Abbildung). Hochhäusler, an dem ein Lyriker verloren gegangen ist: "Damit muss jetzt Schluss sein. Ich will ans große Geld. Bin auf dem richtigen Weg. Wir drehen mit allen Schikanen. Keine Frage. Wir wissen, wie's läuft. Auch, wie die Nase läuft. Wie man das System fickt. Wie die Uhr tickt usw." Spricht's und kehrt wieder auf seinen Regiestuhl zurück. Fluppe an, die vierzigste an diesem verfluchten Tag. Klappe für die nächste Szene von "Pollenwarnung". Und Action!


Daniel Hermsdorf

 

 

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