III. Automobilismus

16.10.2005

Am 12.09.2005 - es ist nun schon einen Monat her, aber dennoch wert, festgehalten zu werden - gibt es im ARD-Abendprogramm Berichte von der Internationalen Automobilausstellung. Wie schon in der "tagesschau" gibt es in den "tagesthemen" - denen hier die (Bild-)Zitate entnommen sind - kritische Töne. Man kann sie jetzt schon historisch nennen, und es werden - der Arbeitsmarktrelevanz der Branche zum Trotz - wohl Taten folgen müssen, wenn wir nicht schizoid bleiben wollen.
Schizoid heißt hier: Angesichts Dutzender von Autozeitschriften und entsprechender TV-Magazine, die alle nach dem Prinzip "Ein ausgekochtes Schlitzohr gibt Vollgas" ideologisieren, scheint erheblicher Handlungsbedarf auf, selbst wenn man nur den Worten des "tagesthemen"-Kommentars lauscht. Zunächst heißt es da - nachdem ein Branchenvertreter verkündet hat, man wolle wie Toyota jetzt auch Hybrid-Motoren bauen -, dass die Hersteller entsprechender konventioneller Motoren sich rühmen, den Spritverbrauch "in den vergangenen Jahren" um 25% gesenkt zu haben. Während ein fetter BMW zu sehen ist, ruft der Kommentar in Erinnerung: "diese Modelle sind in der Luxusversion heute über 300 PS starke 12-Zylinder-Limousinen mit gut 2 Tonnen Leergewicht." Diese verbrauchen auf 100 km ca. 15 Liter Benzin.


1/2   tagesthemen
BMW-Modell und Toyota-Slogan

ARD

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Alle Zeitungsberichte, die ich zum Thema 'Energieverbrauch' in den letzten Monat gelesen habe, haben denselben Tenor, und der lässt diese Art des Automobilismus als lebensgefährlichen Infantilismus erscheinen, dessen Folgen über unsere eigenen Lebenszeit hinaus spürbar sein werden. Man kommt letztendlich dazu, sich selbst für paranoid zu halten, wenn man Vertreter von Automobilherstellern in unverändert nassforscher Weise ihre Energieverprassungskultur preisen sieht. Es wirkt so, als sei die Berichterstattung über Klimaentwicklung lediglich ein Köder für die Projektionen von sich selbst zerfleischenden Pessimisten, während die wahrhaft Informierten wissen, dass man nur ein paar neue Ölfelder finden muss, und das Problem ist gelöst. Und irgendwann kommt dann die Brennstoffzelle, mit der wir auch unsere Plastiktüten und Medikamente herstellen können, wenn die fossilen Brennstoffe alle sind.
Das letzte Beispiel einer ökologisch relevanten Information entnehme ich beispielhaft "chrismon", dem "evangelischen Magazin" (Ausgabe 10/2005). In einem Gespräch erzählt Mojib Latif, "einer der bekanntesten deutschen Klimaforscher": "Wenn ich sage, die Temperatur könnte sich weltweit bis 2100 um fünf bis sechs Grad im Mittel erhöhen, dann ist das zunächst mal keine Warnung. Es ist eine Information darüber, was die überwältigende Mehrzahl der Modelle prognostiziert für den Fall, dass wir so weitermachen wie bisher. Und unsere Modelle zeigen, dass dann extreme Wetterereignisse zunehmen werden, dass also der einzelne Gewitterschauer heftiger wird, dass wir mit mehr Tornados zu rechnen haben."
In den USA sind bei der Sturmkatastrophe in New Orleans zuletzt solche apokalyptischen Szenarien Wirklichkeit geworden - und treffen dort in tödlicher Weise zunächst einmal paradoxerweise diejenigen, die kein Geld für ein Auto haben, um vor dem Sturm zu fliehen.
Aber zurück zum deutschen TV-Abend.


3/4   tagesthemen / Der Fahnder
Dieter Zetsche und Martin Lindow

ARD

"Wir haben viele begeisterte Kunden", weiß Dieter Zetsche, "MercedesBenz Markenvorstand". Sein Interview mit dem Moderator Ulrich Wickert ist eine 'Image'-Frage. Es geht darum, den Konzern gegenüber konkurrierenden Firmen - "Marken" eben - zu verteidigen. Was Wickert schon vor dem Interview sagt, gilt für die Klimafrage ebenso: "Bei Daimler-Chrysler sind die meisten Probleme hausgemacht".
Im ARD-Abendprogramm taucht vor den "tagesthemen", in der auch ein überzüchtetes Mercedes-Modell wohlfeil ausgestellt wird, ein signifikantes Bild in der Krimiserie "Der Fahnder" auf, das wie gemacht für diesen Abend nach der Automobilausstellung ist: Erschöpft sinkt die Hauptfigur (Martin Lindow) vor einem Krankenwagen zusammen, der hergestellt ist von... Aber das sehen Sie hoffentlich selbst.

DH

Fernsehen > Stream of Unconsciousness

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