II. Nachmittagsprogramm

12.06.2005

Am 8. Juni das Nachmittagsprogramm. Was sieht derjenige, der jetzt durch Programme zappt?
Zunächst mal Jürgen Fliege in der ARD. Thema: "Halbgötter in Schwarz". Es geht um Fehlurteile und Inhaftierung von möglicherweise Unschuldigen. Den anwesenden Richter Moll hat man vor einen Hutständer gestellt (eine der traditionsreichsten Ikonografien des Spielfilms), wodurch ihm im Bildaufbau ein Geweih aufgesetzt ist. Flieges Frage an den Richter: "Ist Ihnen überhaupt mal aufgefallen, was die Dame trägt?" Er meint eine bronzene Justitia, die auf dem Tisch vor ihnen steht, und weist nun auf ihren Hinterkopf. Er empfiehlt dem Juristen nun, "ohne Ansehen der Person zu richten", und will ihm sogar eine Augenbinde verpassen, was er dann doch lieber sein lässt.


Fliege - Die Talkshow
Jürgen Fliege mit Gästen, den Richtern Moll und Maul

ARD

Die Sendung geht jetzt zu Ende. Nach dem Beginn der heute-Sendung schalte ich den Fernseher aus, um die Daily Soap des ZDFs abzuwarten. Dann in den Nachrichten zum Ende hin wieder eingeschaltet. Bericht über Zellforschung des Fraunhofer-Instituts - u.a. um das Erbgut aussterbender Tierarten zu retten. Als Abschluss ein Bericht über den neuen Hofnarren des schottischen "Muncaster Castle", der durch einen Wettbewerb seinen Job erhalten habe. Nach einem Bericht über "Lehrstellenmangel" zu Beginn der "heute"-Sendung dazu eine Info-Grafik mit Arbeitsamt-Logo und Narr - sozusagen für die, die zu dieser Zeit Zeit haben, fern zu sehen.


heute

ZDF

Darauf folgt die Soap Opera Bianca - Wege zum Glück (Kapitel 151). Passend zur Fliege-Sendung ist die Ausgangssituation der Folge die, dass die Heldin unschuldig im Knast sitzt - kein Hofnarr, auch kein Schelm, der Böses dabei denkt. "Zwei Tage, dann hat sich Biancas Unschuld von selbst herausgestellt, und ich kann Judith zusätzliche Schmerzen ersparen", sagt eine männliche Filmfigur in dem Resümee der vorausgegangenen Handlung zu Beginn der Folge. Es geht offensichtlich darum, traurige Wahrheiten zu verschweigen.
Die demente Judith liegt im Bett mit einer Kopfverletzung. Melancholische Klavier-Musik. Judith: "Kannst du den Papagei auch sehen?" Eddi: "Welcher Papagei? Träumst du von Brasilien?" - J.: "Von Oliver. Und von meinem Kind. Ich bin so froh, dass alle Wörter heißen (unklar gesprochen; nach fünfmaligem Zurückspulen nicht verlässlich zu verstehen). Ohne ihn - ich würd diese Schmerzen nicht aushalten, Eddi." - E.: "Wir sind alle für dich da, Judith. Wenn du uns brauchst..." - J.: "Ist lieb von dir, danke... Im Moment... Oliver gibt mir die Kraft zu leben. Du wolltest mir was Wichtiges sagen?" - Eddi: "Schlaf jetzt."
Das kann man bei diesen Szenen auch getrost tun, bevor einem noch Wichtiges gesagt werden könnte. Es folgt ein Dialog von Judiths Mann und dem Nachbarn Sven, der ihm sein Beileid ausspricht: Judith hatte einen Unfall und hat ihr Kind verloren. Ihr Mann: "... und danke für den Trost." Nachdem er weggegangen ist, spricht Sven zu sich: "Ja... auf's Trösten verstehe ich mich." Die Szene ist voller Rührseligkeit und gespielter Anteilnahme mit wiederholten, überzogenen Mitleidsbekundungen.
Nächste Szene. Im Haus. Vater (ich nenne ihn hier mal so): "Eddi, wo kommst du denn her?" - Eddi: "Von Judith. Ich habe... Ich wollte... Sie schläft jetzt." - Vater: "Junge, du bist ja ganz durcheinander." - Eddi: "Durcheinander... Ja. Stimmt, sie war völlig durcheinander. Hast du Oliver gesehen?" - Vater: "Ja, gerade eben im Park. Was ist los mit dir?" - E.: "Mit mir? Nichts, gar nichts. Weißt du, wann Oliver nach Brasilien fliegen will?" - V.: "Oliver will nach Brasilien? Wann denn?" - E.: "Ja, das habe ich dich gerade gefragt." - V.: "Ich hab keine Ahnung. Mir hat keiner was gesagt." E.: "Will er also klammheimlich verschwinden." - V.: "Verschwinden? Eddi!" - E.: "Vergiss es einfach." - V.: "Die Situation ist im Augenblick für alle nicht einfach. Du darfst jetzt den Kopf nicht hängen lassen." - E.: "Keine Sorge, das tue ich nicht." - V.: "Erzähl mir nichts. Ich habe Augen im Kopf. Ich sehe, wie sehr dich der Besuch bei Judith mitgenommen hat. Aber du musst jetzt für Bianca stark sein. Sie braucht dich im Augenblick viel dringender, wenn sie so abgeschnitten von aller Welt in ihrer Gefängniszelle sitzt. Du musst für sie stark sein!" - E.: "Ich weiß, aber so einfach ist das nicht." - V.: "Denk an eure gemeinsame Zukunft." - E.: "Ich denk an nichts anderes." Eddi geht weg, der Vater sieht ihm nach.
(Der Darsteller des Vaters sieht übrigens dem Schauspieler Ernst Jacobi ähnlich - die zweite Assoziation im ZDF-Programm zum Uhrzeit-typischen Jacobs-Kaffee nach der Kaffeetasse, die der Clown in der "heute"-Infografik in der Hand hält, s.o.)
Ich kenne die Namen der sedierenden Psychopharmaka nicht, die für jene bestimmt sind, die den Szenen von "Bianca" folgen, aber es gibt sie. Ein Klartext: Eddis 'Besuch bei Judith' kann verstanden werden als eine kleine von Abertausenden filmischer Parabeln auf filmische Erzählungen selbst. Eddi kann sie nicht in Worte fassen: "Ich habe... Ich wollte..." Der Vater erkennt richtig, dass Eddi "durcheinander" sei von dieser Erfahrung - das, was z.B. Pädagogen an Schülern bemerken mögen, die am hellichten Tag ihre Gehirnzellen mit diesem ZDF-Programm abtöten. Eddi fühlt sich - wie auch Zuschauer, die spätestens nach einem solchen Dialog eine solche Serie für immer abschalten sollten - nicht angesprochen. Er wird als "durcheinander" bezeichnet, bezieht es aber statt auf sich auf Judith, bei der er gerade war: "Stimmt, sie war völlig durcheinander." Themenwechsel. Eddi fragt nach Oliver - ob der Vater ihn "gesehen" habe. Es handelt sich wohl um ein vornehmes Anwesen, denn der Vater sah ihn "im Park". Nochmalige Nachfrage nach dem Befinden Eddis, was dieser erneut - diesmal direkt - von sich weist. Dann geht es - nach dem vergangenen Besuch bei Judith in einem anderen Zimmer des Hauses (Vergangenheit / anderer Ort in der Nähe) - um einen geplanten Besuch Olivers in Brasilien (Zukunft / anderer Ort in der Ferne). Nun ist der Vater - der ja zunächst Eddis Verwirrtheit korrekt bemerkt hat - der Verwirrte, und zwar in der Wiederholung der Frage, die soeben an ihn gestellt wurde. Frage: "Weißt du, wann Oliver nach Brasilien fliegen will?" 'Antwort': "Wann denn?" Nun wieder eine Spiegelung der Ratlosigkeit von Zuschauern, die sich solch einen Unsinn gefallen lassen: "Ich hab keine Ahnung. Mir hat keiner was gesagt." Uns sagt man gerade eine Menge - eine Menge selbstreferenziellen Nonsens. Dann mutmaßt Eddi, Oliver wolle verschwinden - hierin findet die Aussage des Vaters, er habe soeben Oliver "gesehen", ihr antonymisches Echo innerhalb der Szene. Eine der fundamentalen Eigenschaften filmischer Bilder, nämlich jene, durch einen Schnitt plötzlich zu verschwinden, wird hier in alberner Weise von der Figur des Vaters entrüstet zurückgewiesen: "Verschwinden? Eddi!" So etwas darf man doch nicht behaupten! Eddi weiß den einzigen Rat, der für das Publikum nach jedem Halbsatz des Dialogs zu gelten scheint: "Vergiss es einfach." Es folgt eine auf die gesamte Weltlage und fast jede Lebenssituation - außer jene der Produzenten sedierender Psychopharmaka oder krisensicherer TV-Soaps freilich - zutreffende tröstende Aussage des Vaters (nicht nur der Nachbar kann trösten): "Die Situation ist im Augenblick für alle nicht einfach." Eddi behauptet, keines Trosts zu bedürfen, doch nach 'Sehen' und 'Verschwinden' ist wieder das Sehen als Thema dran. Nun ist der Vater geistig topfit: "Ich habe Augen im Kopf." Es geht um den vorausgegangenen Besuch bei Judith. Und er mahnt Eddi zur Fürsorge für Bianca, der Hauptfigur der Serie, in der sich nun die oft einsame Position von ZuschauerInnen der Serie spiegelt: "Sie braucht dich im Augenblick viel dringender, wenn sie so abgeschnitten von aller Welt in ihrer Gefängniszelle sitzt." Irgendetwas braucht man wohl sehr dringend, wenn man so etwas ansieht und -hört. Nur nicht das, was man hier geboten bekommt: verspottet zu werden. Nach Vergangenheit ("Ich habe... Ich wollte..."), Zukunft ("Oliver will nach Brasilien?") und Vergangenheit ("der Besuch bei Judith") nun wieder Zukunft: "Denk an eure gemeinsame Zukunft."´
In der nächsten Szene ein Gespräch des jungen Mannes (jener vom Beginn der Folge) mit einer Frau in einer Küche. Sie: "Wie geht es Judith?" - Er: "Sie ist noch nicht über'n Berg." - Sie: "Sowas steckt man nicht so schnell weg. Wie könnte man ihr denn helfen? Es ist so furchtbar, so ganz in ihrer Nähe zu sein und nichts wirklich für sie tun zu können." - Er: "Ja, aber Judith und ich wissen, dass das ganze Haus in Gedanken bei uns ist. Das ist viel wert." - Sie: "Das ist selbstverständlich."
Ein Klartext: Die Episode ist noch nicht zu Ende. Das dauert eben eine halbe Stunde. Es ist finanziell so ertragreich, aus der Ferne Euch fernsehen zu machen und dabei "nichts wirklich" für Euch zu tun. Und zwar deshalb, weil Ihr "in Gedanken" bei solchen Filmfiguren sein wollt. Das ist nicht viel wert und alles andere als selbstverständlich, aber in dieser TV-Kultur so üblich. Verstehst Du Dich selbst?
Darauf folgend Bianca hinter Gittern in ihrer Zelle. Sie denke an Oliver, wenn sie den Himmel sehe. Innerer Monolog aus dem Off: "Wann habe ich ihn das letzte Mal gesehen? ... Gestern. Mir kommt es vor, als wären seitdem Wochen vergangen. Die Tage im Gefängnis sind endlos. Ohne Anfang, ohne Ende... Wenn der wahre Täter nicht gefunden wird, wird dieses Stückchen Himmel alles sein, was mir bleibt. Daran darf ich nicht denken. Sie werden den wahren Täter finden. Sie müssen es einfach."
So, wie die ZuschauerInnen der Daily Soap am Vortag die letzte Folge "Bianca" gesehen haben dürften, hat auch Bianca in ihrer Zelle gestern zuletzt ihren Geliebten gesehen. Es kommt ihr wie eine lange Zeit vor, deren Empfindung man innerhalb der filmischen Form möglicherweise zu verlieren droht - die Ansicht einer solchen Serie legt es jedenfalls nahe: "Ohne Anfang, ohne Ende..." Wer hier die Täter sind, steht praktischerweise im Abspann.

Umschalten zur Pro 7-Sendung Eure letzte Chance. Eine nachgestellte Szene im Büro eines Hotels. Einem leitenden Angestellten, Herrn Hardenberg, wird ein Verhältnis zu einer Mitarbeiterin unterstellt, die entführt worden ist. Der streitet ab: "Gerüchte, so'n Quatsch. Hier gibt's jeden Tag Gerüchte... Das sind Gerüchte, da geb ich nichts drauf. Echt nicht. Da ist wirklich nichts dran. Das erleb hier jeden Tag. Klatsch und Tratsch, den ganzen Tag lang, nichts dran."
Die nächste Szene verhandelt den Sachverhalt ebenso redundant in einem Gespräch zwischen zwei eng gekleideten jungen Frauen. Die weise Schlussfolgerung der weiblichen Ermittlerin: "Wissen Sie, Gerüchte entstehen doch nicht einfach so. Die Leute saugen sich das doch nicht einfach aus den Fingern." Hier wird Lebenserfahrung in verlässliche Lehrsprüche gemünzt. Vor allem aber wird dafür gesorgt, dass im Gegensatz zu der parallel montierten Szene in dem anderen Büro mit den beiden Typen immer ein Busen im Bild zu sehen ist. Entweder etwas bedeckt bei der Ermittlerin - in diesen Einstellungen wird der voyeuristische Blick noch gebremst - oder mit tiefem Ausschnitt bei der Sekretärin.


Eure letzte Chance
Ermittlerin und Sekretärin

Pro 7

Rückkehr noch einmal zu Herrn Fliege. Er spricht mit den Eltern eines wegen Mordes Inhaftierten, die an dessen Unschuld glauben. Fliege: "Wird der Junge erfahren, dass Ihr hier kämpft?" Dabei macht er mit beiden Händen und ausgestreckten Zeigefingern kreisende Bewegungen in der Luft - über dem Kopf eines älteren Zuschauers im Publikum, der vor ihm sitzt. Er deutet so auf die Stelle, wo bei dem Vordermann im Bild ein Geweih sein könnte - wäre es nicht unsichtbar. Darauf die Mutter: "Ja." - Vater: "Natürlich. Er weiß es." Dann Fliege, während er die Finger beider Hände verschränkt: "Das Band muss eng bleiben..." Damit macht er eine Geste, die ca. 20 Minuten später auf einem anderen Fernsehkanal von der erwähnten Ermittlerin in "Eure letzte Chance" in ähnlicher Weise - hier 'betend', während bei Fliege in umgekehrter Verschränkung - gemacht wird (s.o.). Dabei zeigen ihre Daumen auf ihre eigenen Brüste, während das Decolleté der anderen Schauspielerin im Vordergrund an der Kamera vorbeiwandert.


Fliege - Die Talkshow
Jürgen Fliege mit dem Ehepaar Frey

ARD

"Eure letzte Chance", Rückkehr nun ins andere Büro. Weiter mit den durchaus aus den Fingern gesogenen Dialogen. Hardenberg: "Herrgott nochmal, wie oft soll ich's Ihnen denn noch sagen? Das ist ein Hotel hier, da brodelt die Gerüchteküche. Der Chef ist immer'n beliebtes Zielobjekt für sowas. Da ist nichts dran, da geb ich auch nichts drauf, gar nichts." - Ermittler: "Bisschen viel Gerüchte auf einmal. Oder nicht?" - H.: "Ich weiß jetzt auch nicht, was die Andeutung soll. Und außerdem versteh ich auch nicht, was die ganze Gerüchteküche hier mit dem Entführungsfall zu tun haben soll." Das Telefon klingelt. Der Entführer meldet sich. Hardenberg: "Langsam, langsam, ich muss ja mitschreiben."


Eure letzte Chance. Herr Hardenberg und der Ermittler

Pro 7

In der Seitenansicht der Büroszene sind in dreifacher Ausfertigung und Abstraktionsstufe Maskenformationen eingebaut: im Zentrum der Aufmerksamkeit aus den beiden einander gegenüberstehenden Köpfen, dem blauen Monitor im Hinter- und den dunklen Aktendeckeln im Vordergrund; außerdem durch die symmetrische Anordnung von Plänen an den Wänden links und rechts oben und im Zusammenspiel von den zwei baumgrünen Fensterflächen und dem blauen Monitor.

Mitschreiben sollte man hier in der Tat - einmal und dann nie wieder. Dem Eingeschlossensein / der Abwesenheit von Bianca in der Serie entspricht in "Eure letzte Chance" eine weibliche Entführte, die man in diesen Szenen nicht sieht. Was in der ZDF-Soap in einer Abfolge redundanter Themenwechsel und Gegensätze (Vergangenheit/Zukunft; Nah/Fern; Sehen/Verschwinden) in der Zeit variiert ist, löst sich in den offensichtlich z.T. improvisierten Szenen eines offenbar nachgestellten Kriminalfalls der Pro 7-Sendung in der Wiederholung fast identischer Aussagen auf: "Quatsch", "Gerüchte", "da geb ich nichts drauf". Die einzige Frage, die hier noch Realitätsgehalt hat, betrifft eigentlich - und einmal mehr innerhalb dieser paar Minuten Nachmittags-TV - das Publikum: "Herrgott nochmal, wie oft soll ich's Ihnen denn noch sagen?" Dass da eine Gerüchteküche brodelt, heißt wohl kaum mehr, als dass hier dieselbe Suppe stets auf's Neue aufgekocht wird, bis sie nach nichts mehr als nach Wahnsinn schmeckt - sprachliche Stereotypie.

RTL, Das Jugendgericht. Mariella Steiner soll die Kinder ihres Lebensgefährten Tillmann Hausen gequält haben, um schließlich eine eigene neue Familie mit ihm zu gründen. Der Richter: "Frau Steiner, wenn diese Geschichte mit der Krankheit jetzt ein Fantasiegebilde von Ihnen sein sollte, dann ist das die größte Geschmacklosigkeit, die mir in meinem Job untergekommen ist." - Mariella Steiner (weinend): "Was glauben Sie denn, meinen Sie, ich denk mir das jetzt aus?" - Richterin: "Ich hoffe, Sie beruhigen sich jetzt erstmal, ja? Sie behaupten, dass Sie eine schwere Krankheit haben, dass Sie einen Gehirntumor haben, und haben das allen verschwiegen? Ihrem eigenen Lebensgefährten? Und jetzt kommen Sie damit?" Nach mehreren kurzen Appetithappen der nächsten Szenen folgt die Werbepause.
Auch hier scheint es im Studio sehr heiß zu sein: Die weiblichen Angeklagten und Zeuginnen tragen weit ausgeschnittene Strandmode, während das nachgespielte Gerichtsdrama sich abrollt.
Auch hier klingt in wenigen Dialogzeilen ein Verschweigen an, dass bereits in "Bianca" Thema war. Und es geht um eine Krankheit des Gehirns, die möglicherweise eher ein "Fantasiegebilde" (Wortassoziation "Bild") sein könnte.

Sat 1, Richter Alexander Hold. Die Auszubildende Chiara soll ihre Kollegin Hildegard mit einem Schirm verletzt haben, nachdem sie beim Diebstahl ertappt worden sein soll. Zunächst ein, zwei Minuten, die vom Husten eines Angehörigen Chiaras handeln, dem ein Polizist ein Glas Wasser bringt. Dann eine Auseinandersetzung der Kolleginnen. Hildegard: "Du hast dir das selber hier alles eingebrockt und kein anderer. Hast du mich verstanden" - Chiara: "Und wie lange wär's so weitergegangen? Wochen? Monate? Vielleicht noch Jahre? Ja, so lange hätte ich das gar nicht durchgehalten. Wegen Ihnen sitz ich hier. Und ich habe größte Lust, die ganze..." - H.: "Du hast überhaupt keine Beweise in der Hand!"
"Beweise" dafür, was in solchen Dialogtexten geschieht, hat man allerdings, wenn man Herrn Hardenberg aus dem anderen Programm vertraut ("ja mitschreiben"). Hier wiederholt sich die trostlose Perspektive Biancas ("Die Tage im Gefängnis sind endlos. Ohne Anfang, ohne Ende...") in Chiaras Aussage über ihre unerträgliche Arbeitssituation ("Und wie lange wär's so weitergegangen? Wochen? Monate? Vielleicht noch Jahre?").
Wer so etwas nicht aushält, hält möglicherweise aber noch eine weitere Folge "Bianca", "Eure letzte Chance", "Richter Alexander Hold" oder die "Fantasiegebilde" im "Jugendgericht" aus, auch wenn sie fortgesetzt "größte Geschmacklosigkeiten" nur schwach verbrämt auftischen - "Klatsch und Tratsch, den ganzen Tag lang, nichts dran." Und dabei auch wörtlich kund tun, es solle später niemand behaupten, es habe ihm "keiner was gesagt." Dieses "Stückchen Himmel" der Serienkultur sollte um eben des Himmels Willen nicht "alles sein, was mir bleibt."

Das waren insgesamt 30 Minuten TV-Programm (15.55 - 16.25 Uhr) in Ausschnitten. "Bisschen viel Gerüchte auf einmal. Oder nicht?"

DH

Fernsehen > Stream of Unconsciousness

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