Verschärfung des Fußballsenderechts,
Teil 1 - "heute"-Nachrichten Dass die Größe der Schlagzeile die Größe der Nachricht bestimmt, wusste schon weiland Charles Foster Kane in Orson Welles' 1940/41 entstandenem Film. Das ZDF gibt in seiner Hauptnachtrichtensendung am 20.06.2008 wieder beredtes Zeugnis dieser Regel. An diesem Tage, dieser Meinung ist offensichtlich die Redaktion, gibt es nichts wichtigeres zu berichten als - Fußball. Mit einer Meldung über die das gewonnene Viertelfinalspiel durch die deutsche "Fußballnationalmannschaft" - die ARD berichtete erschöpfend ca. fünf Stunden en bloc am Vortage - eröffnete die Sendung. Geschlagene vier Minuten und zwanzig Sekunden widmeten die Mainzelmänner dem Thema, inklusive 1:30-Einspieler von feiernden Fans ("Finale, o-ho, Finale, o-ho-ho-ho") und einem berufsgemäß ernst dreinblickenden Steffen Seibert, der so tat, als hätte er hier wirklich eine Nachricht zu verlesen. Auch ein Statement zum drohenden Rauchverbot (das ZDF ist dagegen, d. h. für die Zigarettenindrustie) weiss der Sender in diesem Beitrag abzugeben, wird doch der "Bundestrainer", angespannt nachdem 3:2-Anschlusstreffer in der 88. Minute, wie der Off-Kommentar zu dräuen nicht verabsäumt, just in dem Augenblick gezeigt, in dem er in seinem Tribünenexil sich eine Zigarette anzündet. Dies also ist das faszinierende Drama, mit dem ein sogen. "öffentlich-rechtlicher" Sender seine Nachrichtensendung beginnt; und für alle, die mit den Usancen des TV-Journalismus nicht vertraut sind: die Reihenfolge der Beiträge, diesen Standard haben ARD und ZDF in Jahrzehnten gesetzt, bestimmt sich nach ihrer Wichtigkeit. Ach ja, "unter ferner liefen" die Beiträge über das skandalöse Vorgehen der Telekom-Manager, die ihre arglosen Kunden bespitzelt haben (Entschuldigung, diese Herren lassen natürlich bespitzeln und können sich im Einzelfall an nichts erinnern), der Plan des Bundesinnenministers zur Bespitzelung der gesamten Bevölkerung durch den Bundestrojaner (pflichtgemäß haben wir alle Angst vor Terrorismus, bloß von welcher Seite?, und finden, dass diese Maßnahme die Sicherheit irgendwie erhöht, Schäuble ja auch der kluge Kopf der CDU ist, wir nichts zu verbergen haben etc. etc.), die Verschärfung des Jugendstrafrechts (weiter im Text mit LawAndOrder, die sollen ruhig richtig durchgreifen), das Nein der Iren zum EU-Vertrag (wobei dann so getan wird, als wären wir, schon wieder, alle dafür, als hätte es hier keine Bevormundung gegeben) die Überschwemmungen in den USA (natürlich ohne Hinweis auf: Klimaveränderungen, die Einstellung des großen weißen Manitou aus Washington zu dem Thema - immerhin wird ein Auftritt des Präsidenten im Krisengebiet auch brav von den ZDF-Schergen ins rechte Fernsehlicht gerückt - und auch ohne Hinweis darauf, dass die überfluteten Mais- und Soja-Felder wahrscheinlich mit den gentechnisch veränderten Segnungen der großen Biotech-Konzerne bepflanzt waren, das wäre dann wohl schon Meinung). Da
würde einen schon mehr interessieren, ob die Korrespondentin Claudia
Rüggeberg, die irgendwo in Iowa vor'm Sandsack steht - Chefkorrespondent
Siegloch durfte vorher noch mit dem Hubschrauber über den Wassern
schweben & aus dem Off Betroffenheit knödeln -, ob also jene Rüggeberg
irgendwie mit Dieter
Rüggeberg verwandt ist. Aber: keine Sippenhaft wegen Namensgleichtheit!
Wär nur so ne' Frage, wg. der ganzen Richtung. Anschließend folgte noch
eine Kurznachricht über Benzinpreiserhöhung in China, Kopfnoten in NRW
(damit der zukünftige Arbeitgeber einfacher das beste Material auslesen
kann, wir werden eben auch in der Schule kundenorientierter) und, damit
wird's wieder gemütlich, das Sommerfest beim Bundespräsidenten, bevor,
der geneigte Zuschauer ahnt es schon, wieder der Sport an der Reihe ist.
Zuerst nochmal Fußball (heute abend: Türkei gegen Kroatien, wer mag da
wohl gewinnen?), dann, noch sinnloser, ein Bericht vom sogen. "Training"
zu einem Formel-1-Autorennen. Es folgte das Wetter. Anders Wolz |
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