Talkshow-Fragen
für 2007
16.01.2007
Nichts
ist interessanter als Personalien. Das meinen jedenfalls TV-Kritiker
und verfolgen dieser Tage in Trippelschritten das Gerangel um den
Sonntagabend-Termin in der ARD, den Sabine
Christiansen räumt. Dieser Krieg ist zu Ende.
Dass
dem Publikum in ihrem Sonntagabend-Format der langjährige
Moderator eines
Quiz-Ulks auf RTL erspart geblieben ist, erfreut Herz und
Hirn.
Unerfreulich ist höchstens, dass man auch in Zukunft
ungebetene Anrufe von Callcentern erhalten wird, die einem die
Teilnahme in Lotto-Shows von Günter
Jauch in Aussicht stellen. Es scheint zu dauern, bis man
aus deren Kartei herausgemendelt ist, doch immerhin wird so zwar weitgehend
sinnlose, aber bezahlte Arbeit geschaffen.
Statt
der fruchtlosen Nachfolgediskussionen (soll der Arbeitgeber doch
entscheiden - und wird er auch) könnte man in inhaltliche
Diskussionen einsteigen,
auch wenn diese zu stärkeren Irritationen führen als
das Schauschwadronieren mit Applaus an den falschen Stellen, wie es im
"Christiansen"-Format zum TV-Alltag geworden ist. (Man hat im deutschen
TV zuweilen den Eindruck, dass das Studiopublikum eine verschworene
Gemeinschaft von Parodisten ist, die abwegigen Flachsinn bejubelt und
auf vernünftige Anmerkungen mit ratlosem Schweigen reagiert -
als wolle es diese Gesprächsform endgültig ad absurdum
führen und die Akteure auf der Bühne in einen
künstlichen Verfolgungswahn stürzen. Schlimm, wenn
das die Wirklichkeit ist.)
An
dieser Stelle lässt sich festhalten, dass unsere politische
und mediale Öffentlichkeit in den letzten Monaten mehr denn je
ihre schizoide Tendenz an die Oberfläche schwemmt.
Für interessierte Beobachter ist auf mehreren Gebieten von
existenzieller Wichtigkeit nicht mehr zu erkennen, in welcher Richtung
sie sich tiefer hinab in Abgründe des Wahns begeben. (Der Dokumentarfilm "The Corporation"
[USA 2003, R: Mark Achbar / Jennifer Abbott]
beschreibt unsere
Konsumgesellschaft und ihre wirtschaftlichen Akteure als in klinischen
Begriffen definiert geisteskrank - aber sehen Sie ihn besser selbst an.
Die DVD kostet bei amazon 37,99 Euro, Kino und TV
scheinen mit Aufführungen noch zu zögern.)
Nach
ca. 20 Jahren, in denen der Klimawandel auf allen Kanälen
Thema ist, berichten nun auch Hauptnachrichten davon. Al Gores
Dokumentarfilm "An Inconvenient Truth" (USA 2006,
R: Davis Guggenheim)
war dafür journalistischer Anlass. Nachdem nun seit Jahren die
in der Presse kolportierten Expertenmeinungen besagen, ohne radikale
Veränderungen in der Energiepolitik würden die
Folgeschäden noch gravierender, als sie es schon jetzt
irreversibel sind, hat sich parallel dazu hartnäckig jene
Parallelwelt öffentlichen und privaten Bewusstseins gehalten,
die sich in Berichten von Autosalons und dem täglichen Auf und
Ab von
Börsenkursen gleich welchen Unternehmens in der Sicherheit
wähnt, irgendwie doch auf dem richtigen Weg zu sein.
Für
den Privatmenschen ist dies letzthin vollkommen unentscheidbar, und es
hängt von kurzfristigen Emotionalisierungen in Massenmedien
ab, wohin die öffentliche Meinung tendiert.
Arbeitsplätze bei VW zu erhalten klang bisher immer besser
als die Ankündigung, die Rohstoffvorräte gingen zur
Neige (was die Industrie leugnet oder mit Ankündigungen neuer
Technologien beschwichtigt, von denen niemand bisher bewiesen hat, dass
es sie geben kann) oder der CO2-Ausstoß u.a. des Autoverkehrs
trage zur "globalen Erwärmung" bei (was bis heute bei
Zweiflern mindestens im privaten Gespräch auf
hartnäckige Gegenargumente stößt, die
wissenschaftlichen Meinungen darüber seien nicht eindeutig und
verlässlich). Was in Massenmedien niemals zum Bewusstsein
gebracht wird, ist die Tatsache, dass die Meisten behaupten,
über alles irgendwie schon Bescheid zu wissen, bei den
schlichtesten Wissensfragen jedoch schon kapitulieren müssen -
geschweige denn eine individuelle Verhaltensänderung in
Erwägung zu ziehen, die der Anfang aller Veränderung
wäre.
Es
ist festzuhalten, dass Medienkonsumenten zum jetzigen Zeitpunkt
zeitweise das Gefühl beschleicht, alle Apokalypsen der
Umweltpolitik könnten auch Bullshit und letztendlich eine
Beschäftigungstherapie für Nörgler sein. Die
sozialen und ökonomischen Gewinner unserer Gesellschaft
haben bisher darauf bauen können, dass ihr Erfolg ihrer
Ignoranz gegenüber diesen Themen Recht gibt. Dass die Partei
der "Grünen" bei der Bundestagswahl 2005 gerade einmal
8,1 % erreicht,
scheint der existenziellen Bedeutung der ökologischen Frage
(nicht für den Einzelnen, aber für die Spezies Mensch
und die Opfer von Umweltverschmutzung) nicht angemessen. Dass etwa die "Wissen"-Seite
der Süddeutschen Zeitung nicht so viele Leser hat
wie die täglichen Berichte der "Bild"-Zeitung
über Formel-1-Rennen und cracksüchtige Freunde von
Super-Models, prägt wohl doch ein wenig die
Mentalität.
Was
müsste also passieren, damit eine politische
Öffentlichkeit, die in Talkshows des Fernsehens Wahl- und
Konsumentscheidungen mitbestimmt, verstärkt zu einem
Diskurs beitragen kann, der die offenen Fragen und
realitätsnahen Handlungsspielräume verdeutlicht?
Es
gibt ein paar unausweichliche Kandidaten auf der Themenliste. Hier eine
vorläufige Aufzählung mit ein paar Implikationen und
televisuellen Inszenierungsoptionen:
1. Klimawandel
Wenn nach Jahrzehnten der ökologischen Intervention zum
Konsens geworden sein sollte, dass bestimmte Verkehrsmittel und
industrielle Produktionsweisen wesentlich für den sog.
"Klimawandel" verantwortlich sind, können die Verantwortlichen
benannt werden.
Problembeispiel:
In einem ZEIT-Interview mit dem
ZDF-Moderator Johannes
B. Kerner wird seine Werbeaktivität für
den Billigflieger "Air Berlin" thematisiert. In über 20 Fragen
zielen die ZEIT-Journalisten auf die Frage danach, ob ein Journalist
Produktwerbung machen dürfe - ein berechtigter Zweifel, den
Kerner mit Aussagen wie derjenigen kontert, er "achte" solche Zweifel.
Was meines Wissens öffentlich nie gefragt wurde, ist etwa, wie
ein
Meinungsmacher wie Kerner zu dem Produkt steht, das er seinem "Kumpel",
dem Chef der Airline, zu verkaufen
hilft. Dabei scheint eine andere Frage noch dringender sein: "Es
gibt keine andere individuelle Handlung, die das Klima stärker
belastet als das Fliegen. Und das wird immer billiger: 79 Euro
für ein Ticket nach Spanien ist beim Dumping-Wettlauf der
Billigflieger noch nicht einmal das günstigste Angebot." (Info von Robin Wood)
Demgegenüber verunklärt sich die Lage schnell, wenn
man weiterliest, z.B. in einem Papier der ETH Zürich:
"Lediglich drei Prozent sei der Beitrag des Luftverkehrs zur globalen
CO2-Emmission [sic], so Paul Kurrus, Mitglied der SWISS
Geschäftsleitung. Er betonte, dass dies bescheiden sei und die
Folgerung nahe lege [sic], dass zuerst die anderen Verbraucher von
fossilen
Brennstoffen ihre Hausaufgaben machen sollten. Mit 20-30 Prozent
schätzte Patrick Hofstettler vom WWF Schweiz den Beitrag des
Flugverkehrs zum Klimaeffekt am höchsten ein. Bei diesen
Zahlen richtete er sein Augenmerk allerdings ausschliesslich auf die
Schweiz."
Ein Arbeitspapier von "Germanwatch"
beziffert den Anteil des Flugverkehrs am globalen CO2-Ausstoß
mit 12%. Weiter heißt es: "Zwischen 1982 und 1995 wuchs der
internationale Linienflugverkehr bezogen auf die Personenkilometer
(Pkm) mit durchschnittlich 7,7 % pro Jahr auf eine Verkehrsleistung von
insgesamt 2.230 Mrd. Pkm an. Ein derartiges Wachstum gab es in keinem
anderen Verkehrsbereich. Eine Fortsetzung dieses Trends wird erwartet.
Die Industrienationen sind am gegenwärtigen Luftverkehr
überproportional
beteiligt. In 1995 entfielen auf Nordamerika 30 % und auf Europa 14 %.
Die interkontinentalen Flüge umfassten 1.069 Mrd. Pkm, ein
Großteil davon zwischen Europa und den USA."
Es wäre also z.B. erst einmal zu klären, ob es sich
um 3,
12 oder 30% Anteil an den CO2-Emissionen handelt, von denen man hier
ausgeht.
Inszenierungsvorschlag:
Etablierung einer mehrmonatigen Dauer-Talkshow zum Thema Klimaschutz.
Phase 1: Klärung der Voraussetzungen. Experten
erarbeiten in
einer öffentlichen Diskussion Fakten, die als halbwegs
gesichert gelten können, und stellen für
alltägliche Konsumbedürfnisse Zusammenhänge
her: Welche Verkehrsmittel sollten benutzt werden? Welche
Maßnahmen zum Umbau von Infrastrukturen sind erforderlich?
Was muss der Einzelne tun? Wo liegen die Unsicherheiten der Voraussage
und was ist der vernünftige Schluss daraus? Wer sind die
Interessensgruppen und Einzelunternehmen, die an diesen
Zusammenhängen beteiligt sind und wie ist ihre
Objektivität in Äußerungen zum Thema
einzuschätzen? Phase 2: Vertreter
der Industrie, der Werbewirtschaft und der Verbraucherinteressen
treffen aufeinander. Sie äußern sich zu den
Ergebnissen von Phase 1.
2. Private Schuldenfalle
Nicht nur das finanzielle Problem von Schulden, sondern auch die daraus
folgenden Schäden (etwa Familienzerrüttung,
Alkoholismus, Arbeitslosigkeit) können als gesellschaftlich
kontraproduktiv angesehen werden und haben erhebliches Ausmaß.
Problembeispiel:
"Die Anzahl der relativ überschuldeten
Privathaushalte mit Konsumentenkrediten betrug im Jahr 2002 rd. 2,4
Millionen Haushalte und erreichte 2003 sein [sic] bisheriges
Maximum mit rd. 2,9 Millionen betroffener Haushalte. Nachdem die Anzahl
in 2004 annähernd konstant blieb, ging sie im Jahr 2005 stark
zurück auf rd. 1,9 Millionen Haushalte.
Berücksichtigt man weiterhin die
überschuldungsgefährdeten Haushalte, also jene
Haushalte, deren positive Einnahmen-Ausgaben-Bilanz kleiner als 50 Euro
ist, so erhöht sich die Anzahl um 7 bis 10 Prozent
(durchschnittlich um 9 Prozent); wird die Gefährdetenschwelle
bei einer positiven Einnahmen-Ausgaben-Bilanz kleiner
als 100 Euro angesetzt, dann erhöht sich die Gesamtzahl
überschuldeter Haushalte um durchschnittlich rd. 20 Prozent
[...]." (Schuldenkompass 2006 der SCHUFA)
Über derlei wird in der Presse immer wieder berichtet. Selten
wird jedoch die Frage gestellt, wie solche Schulden entstehen und wer
an ihnen verdient. Die Verteilung des Reichtums stellt sich recht
eindeutig dar: "Während
die untere Hälfte der Haushalte 2003 nur über etwas
weniger als 4 % des gesamten Nettovermögens
verfügte,
entfielen auf die obersten 10 % knapp 47 %." (www.learn-line.de)
Dies dürfte in erster Linie an mangelnder Information und
mangelndem Bewusstsein liegen: Sonst macht man keine nennenswerten
Schulden. Aber abgesehen von der allgegenwärtigen 'Freiheit',
seine Entscheidungen selbst treffen zu dürfen, sind auch
gutgemeinte Ratschläge eher im Abwind. Die Rhetorik lautet in
diesen Zusammenhängen meistens: "Wir dürfen die
Menschen nicht bevormunden, man darf nicht mit dem erhobenen
Zeigefinger..., sonst werden die Menschen ablehnend reagieren etc."
Inszenierungsvorschlag:
Durch statistische Erhebung, durch welche Konsumgüter und
Ausgaben Privatschulden hauptsächlich entstehen, wird die
Sachlage geklärt. Es wird sich dabei vornehmlich um
Immobilien, Automobile, Unterhaltungselektronik, Kleidung und
Freizeitangebote handeln. In TV-Diskussionen treffen Verschuldete mit
Vertretern jener Unternehmen zusammen, durch deren Produkte sie in
Versuchung gekommen sind, sich zu verschulden. Außerdem
werden - was wohl in erster Linie durch Aussteiger à la Frederic Beigbeder
denkbar ist - die Praktiken der Kreditvergabe und
deren Bewerbung beleuchtet und im Gespräch mit den
Auftraggebern der Werbung öffentlich erörtert.
3. Bildungssystem
Deutschland, so hört man allenthalben, könne nur
überleben, indem es durch Know-how Arbeitsplätze
schaffe. Industrielle Arbeitsplätze wandern ab,
Automatisierung verdrängt handwerkliche Berufe.
Problembeispiel:
In seiner Weinhachtsansprache
vom 25.12.2006 verkündet Bundespräsident Horst
Köhler: "Arbeit hilft uns, das Leben aus eigener
Kraft zu meistern und vermittelt Lebenssinn. Deshalb müssen
wir alles tun, damit die jungen Menschen Zugang zum Berufsleben finden.
Der Schlüssel dazu heißt: Gute Bildung für
alle." Dass ein Bundespräsident zumal an diesem Termin zur
Sonntagsrede tendiert, mag man ihm nachsehen. (Köhler macht
nicht nur auf mich den Eindruck eines Sprachroboters, der zu
Tautologien neigt - darin ist er ein theatrales Symptom unserer
gegenwärtigen Gesprächskultur.) Dass er fortgesetzt bei solchen
Anlässen auf dem Vormarsch befindliche Studiengebühren nicht
erwähnt, ist dennoch ein
Versäumnis.
Es ist ein Beispiel dafür, was in den meisten
öffentlichen Diskussionen und Meinungsbekundungen geschieht:
Wie in dem Brettspiel "Labyrinth" wird in der Diskussion von
einzelnen Gesprächspartnern das eine oder das andere Argument
vom Spielfeld geschoben, als existiere es nicht. Diskussionen geben
nicht differenziert über ein Problem Auskunft, sondern
orientieren sich an einem dramaturgischen, nicht einem logischen
Modell: Ein Problem wird aufgezeigt, einzelne Für und Wider
werden erwogen, eine skandalöse oder katastrophische Tendenz
wird als dramatischer Höhepunkt beschworen, und das Ende
bildet ein versöhnlicher Ausklang mit hoffnungsvollem
Ausblick.
Logisch wäre etwa ein dialektisches Modell von
These, Antithese und Synthese. Diese könnte im Fall von
Köhlers Thema etwa lauten, dass er die einseitige
Einführung von Studiengebühren ohne entsprechende
Fördersysteme für sozial Schwächere
kritisieren müsste - womit man ein Problem und eine
Kontroverse hätte, auf die man augenscheinlich lieber
verzichtet.
Auch hier wäre nach Verantwortlichen zu fragen.
Während in privaten Berichten und Beobachtungen recht deutlich
ist, dass unreflektierter TV-Konsum und Computerspiele bei Jugendlichen
zu den Hauptursachen für schlechte schulische Leistungen
gehören und noch das Studium beeinträchtigen, scheint
dies fast ein Tabuthema in Diskussionen zu sein, in denen
Industrievertreter mit seifigen Reaktionen rhetorisch jenen Wind aus
den Segeln nehmen, der in Wirklichkeit ein anständiger Orkan
ist
und vorerst bleibt.
Inszenierungsvorschlag:
Lehrende aus Schulen und Hochschulen sowie Eltern, Schüler und
Studenten sagen - nach Art obszöner
Talks auf Privatsendern - hinter einer blickdichten Wand anonym
über ihre Erfahrungen im Alltag aus. (Die Ergebnisse
würden voraussichtlich signifikant anders aussehen als das
Meiste, was zu diesem Thema sonst in Massenmedien verbreitet wird.)
Experten aus Bildungspolitik und Wissenschaft debattieren dazu.
Während es im Fall von Schulen sehr konkrete Zielsetzungen
gibt, was Schüler lernen sollten und welche Anforderungen es
nach der Schulzeit gibt, gestaltet sich das im Fall von
Universitäten schwieriger. Für den Fall der
Geisteswissenschaften dürften sinnvolle Reformen eine
komplizierte inhaltliche und methodische Diskussion erfordern, die
eine breitere Öffentlichkeit nicht wirklich interessieren
muss. Die Jahrzehnte währenden
Grabenkämpfe, Guerilla- und Täuschungstaktiken,
Modediskurse und Seilschaften sind ein Thema für sich, nicht
nur für Jörg
Uwe Sauers Roman "Uniklinik" (Salzburg/Wien
1999).
In
Anbetracht der Dringlichkeit einzelner genannter Probleme wäre
- was natürlich utopisch ist - davon abzuraten, als
Alternative zur Abendgestaltung auf anderen
TV-Kanälen Haustiere an neue Besitzer zu vermitteln oder
Krankenhaus-Serien zu zeigen, in denen wiederholte
Röntgen-Aufnahmen
oder die Umstellung eines fiktiven Patienten (gemeint ist wohl das
Publikum) auf ein neues Betäubungsmittel angeordnet werden
(wie z.B. in der öffentlich-rechtlichen Produktion "In aller
Freundschaft", D 1998ff.).
Die
bezahlten und vorherrschenden publizistischen Organe der Gegenwart
haben für dergleichen scharfsinnige Beobachter wie Daniel Haas unter
Vertrag, der in einem aktuellen Artikel über Christoph Schlingensief
schreibt: "Der
Manipulationsverdacht schreckt heute niemand mehr. Die Glotze
lügt - ach, sag bloß." (Spiegel-Online) Wenn Sie sowas
lesen wollen - tun Sie es, es ist Ihr freiheitliches Recht. Ich warte
darauf, dass Herr Haas sich auch einmal über seine
Anzeigenkunden äußert. (Hat er schon? Das
wüsste ich gern: dh@filmdenken.de.)
Und damit ist
sicherlich ein entscheidendes Problem benannt: Weite Teile der Presse -
und auch öffentlich-rechtliche TV-Sender - sind
abhängig von Loyalitäten zu Institutionen, die
eigentlich nichts mit ihrem Auftrag zu tun haben, ihre
Tätigkeit jedoch weitgehend finanzieren. Privatfirmen, die
Werbeanzeigen und –spots schalten, gehören etwa in Gestalt der
Hersteller von
Autos oder Unterhaltungselektronik zu denen, die eigentlich
Gegenstand der Berichterstattung und nicht Gönner einer ihr
Handeln vernebelnden Hagiografie zu sein hätten.
Dass mit diesem
Resultat einer technizistischen Moderne etwas nicht stimmt - das wird
jedoch auch heute täglich in Presseberichten deutlich, die
diejenigen, die es angeht, offensichtlich nicht lesen. Von der
Quantität und Verbreitung kritischer Berichte hängt
es ab, ob sie Gehör finden. Die Institutionalisierung anderer
Formen des öffentlichen Disputs - im Gegensatz zu
gegenwärtigen Kulturen des zerfetzten und simulierten
Diskurses - wäre die Voraussetzung, dass die angesprochenen
und andere Fragen aus den Ghettos des Weltschmerzes einen Ausweg finden.
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